Das Triell – Verlierer, Gewinner oder nichts davon – Yvonne de Bark

Eine der drei Personen scheint das Pult festzuhalten, die andere versucht besonders kompetent zu wirken und die dritte Person nimmt die Körperhaltung ein, die sie die nächsten 120 Minuten nicht mehr ändern wird. Das erste Triell.

Bei Wahlkämpfen wird die Körpersprache immer mit einer besonderen Hingabe beobachtet.

Viele glauben alles Mögliche herauszulesen. Dabei kommt es im Ergebnis nur auf eines an: Will ich diese Person an der Spitze Deutschlands sehen oder nicht. Auch in der Nachbesprechung wurde wenig über Inhalte gesprochen, sondern mehr um die Wirkung und Körpersprache. Das hat seinen Grund: Wir Menschen erinnern uns an Emotionen, die jemand in uns ausgelöst hat und nicht an die exakten Worte. Was aber haben die drei Kanzlerkandidaten in uns ausgelöst? Haben wir unsere Meinung durch ihren Auftritt geändert oder fühlen wir uns bestätigt? Ich weder noch. Mir fehlt noch Fleisch am Knochen.

Ich werfe mal einen beispielhaften Blick auf die Wirkung verschiedener Verhaltensweisen oder körpersprachlicher Signale:

Annalena Baerbock stand in der Mitte und konnte jovial von links nach rechts und rechts nach links blicken und deuten. Die Mitte ist in diesem Fall ein dankbarer Platz. So hätte sie wirken können, als habe sie den Überblick. Diese Wirkung hat sie abgeschwächt, indem sie sich zeitweise mit dem ganzen Oberkörper zu ihren Kontrahenten gewandt hat. Die Farbwahl ihrer Kleidung war – nehme ich an – in ihrer Dunkelheit vom Sender vorgegeben, weil das am besten ins Gesamtbild des Setups passte. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Frische in der Farbauswahl gewünscht. 

Armin Laschet hat zwischendurch einen Bonbon gelutscht oder zumindest sah es so aus, als hätte er etwas im Mund hin- und hergeschoben. Dadurch wirkte der Mund in diesen Momenten verkniffen. Er lehnte zeitweise über seinem Pult, was ich als Störer empfand. 

Olaf Scholz war unauffällig, ließ alle Angriffe fast stoisch über sich ergehen. Er hatte kaum Bewegung in seinem Körper. Menschen mit wenig Bewegung wirken kontrolliert. Wenig Bewegung kann auch dann entstehen, wenn jemand unter Stress steht und sein Gehirn ihm befiehlt: „Stell dich tot, dann kann dir nichts passieren.  Herr Scholz ist kein Schauspieler. Er ist wie er ist. Er wirkt trotz seiner Reduziertheit dadurch auf einige authentisch. 

Annalena Baerbock ist in ihrer Mimik sehr vorsichtig um keine Signale zu senden, die missgedeutet werden können. Für meinen Geschmack übertreibt sie dagegen in der Gestik und Modulation der Sätze, wohl um zu leidenschaftlich zu wirken. Frau Baerbock fängt an körpersprachlich zu schwimmen, wenn sie über Themen spricht, die ihrem Kompetenzbereich nicht hundert Prozent entsprechen. Beim Thema Corona beginnt sie mit Phrasen, die copy paste gefühlt in jeder Rede von jedem Politiker in den letzten Monaten vorgekommen sind. Ihre Sätze werden durch häufigeres Ähm geschmückt und ihre Mundwinkel ziehen plötzlich weiter nach unten. So wirkt sie nicht sattelfest. Sobald es aber beispielsweise um Kinder geht, schöpft sie aus den Vollen. Hier steht sie dahinter, hier scheint sie sattelfest.

Armin Laschet versuchte durch Energie und „laute“ Körpersprache zu punkten. Viel Gestikulation, laute Stimme und auch unter dem Tisch stand er zeitweise wie ein Sprinter am Startblock: Ein Fuß vorne, einer hinten abgestützt, als wolle er gleich los. Womit ich wirklich ein Problem hatte, war der Lehrerblick über die Brille. Dadurch senkt sich der Kopf, der bietet sprichwörtlich die Stirn. Die Stirn ist nämlich wesentlich stabiler als der verletzliche Hals. Also wirkt die gesenkte Stirn angriffslustig und mit dem ernsten Blick über die Brillenränder auch noch belehrend.

Den Druck merkte man allen an. Sie haben sich schulen lassen, haben ihre Abschlussrede geübt, bis sie sie um 4 Uhr morgens mit 1,4 Promille hätten aufsagen können (wenn da nicht sogar ein Teleprompter im Spiel war) und kämpfen jetzt noch die letzten Wochen. Der eine lauter oder leiser in der Körpersprache. Für den Wähler kommt es jetzt darauf an: Vertraue ich dem Kandidaten/Kandidatin, dass er/sie hält, was er/sie verspricht? Kann ich mir die Person als Bundeskanzler/in vorstellen? Stimmen die Ziele mit meinen Bedürfnissen und Einstellungen überein?

Herr Scholz mit seiner stoischen, reservierten Art, der ab und zu die Faust durchblitzen lässt – so bissig er eben kann. Frau Baerbock, die mit fast schon kindlichem Enthusiasmus die Herzen aller Mütter gewinnt und „alles neu, alles neu“ in die Wählerwelt hinausschreit. Oder Herr Laschet, der anstatt Wahlkampf zu machen, gegen Fotos und ungeschickte Auftritte kämpfen muss, obwohl er doch „so viel rheinische Frohnatur“ und „Fels in der Brandung“ zu bieten hätte.  

Körpersprachliche Signale sind keine Einbahnstraße, sie sind eine Straße mit Begegnungsverkehr.

Es gibt immer den Sender und den Empfänger. Macht euch bewusst, was ihr erreichen wollt. Durchsetzungsstarke Körpersprache ist nicht immer die gewinnbringende. Sympathie kann viele Türen öffnen. 

Drei Tipps für eine durchsetzungsstarke Körpersprache. 

  • Halte Blickkontakt 
  • Lächle dosiert
  • Halte deine Körperhaltung gerade und aufrecht

Drei Tipps für sympathische Körpersprache: 

  • Achte auf das Distanzbedürfnis des anderen. Komme nicht zu schnell zu nah
  • Lächle mehr als andere
  • Hab eine Körperhaltung die deinem Gegenüber gleicht