digital leadership Wenn bits und bytes eine-Feedbackkultur in Gefahr bringen Blog von Yvonne de Bark

Durch die Corona-Pandemie werden persönliche Kontakte in Unternehmen aufs Minimum reduziert und in Video-Meetings verlagert.

Ein Medium, das nur bedingt emotionale Schwingungen, Stimmungen und Gesten transportiert. Was ist die große Gefahr, was ist die Chance bei Online Feedback-Gesprächen, zum Beispiel bei Jahresgespräch oder nach Abschluss eines Projektes?

Gefahr

  • Technische Störfaktoren behindern den Gesprächsfluss
  • Die Online Masse ist oftmals träge: Wenn die Stimmung im Online Gespräch gedrückt ist, benötigt der Gesprächsführende mehr Energie, sie wieder hochzuziehen. Das liegt zum Beispiel daran, dass Stille irritierender wirkt als im analogen Meeting. Stille ohne ausreichend Information, was gerade los ist, weckt in uns unbewusst ein unangenehmes Gefühl. Daher ist eine positive Haltung und eine gute Vorbereitung bei Online Gesprächen besonders wichtig.
  • Emotionale Verfassung des Gegenübers kann nicht adäquat wahrgenommen und
  • dementsprechend nicht darauf eingegangen werden
  • „kaltes“ Gespräch wegen fehlendem Blickkontakt, körpersprachlichen Signalen, Ton
  • Manche schalten die Kamera gar nicht erst ein, was einer gesunden Feedbackkultur abträglich ist. Meistens liegt die Kamerascheu daran, dass sie sich vor der Kamera nicht wohl fühlen. Klassiker der Ausreden: „Ich will die Bandbreite nicht überstrapazieren (ok, manchmal trifft das tatsächlich zu). Ich habe ein Kameraproblem. Mein W-Lan wurde geklaut. Ich bin über Handy drin.“ Wie soll denn eine wertschätzende Kommunikation stattfinden, wenn der eine sich zeigt, der andere aber nicht? Nach meinen Online Seminaren zum Auftreten vor der Webcam fühlen sich die Teilnehmer unter anderem vor der Kamera so wohl, dass sie sie gerne und freiwillig einschalten, weil sie wissen wie sie Nähe herstellen können und wie sie digital kompetent und überzeugend auftreten.

Chance

  • Es wird weniger emotional argumentiert, was ein sachlicheres Feedback zur Folge hat
  • Zu Corona-Zeiten wird mehr Verständnis für Probleme aufgebracht
  • Wertschätzung der Führungskraft für den Mitarbeiter durch häufigere 1:1 Gespräche

Woran erkennt man die bestehende Qualität der Feedbackkultur?

1. Kennt jeder im Unternehmen die Feedbackregeln?

Als Außenstehende bekomme ich im Rahmen meiner Trainings in den Unternehmen schnell einen Überblick, wie die Feedback-Kultur ist. Ich biete anfangs an: „Ihr seid ja bestimmt alle mit allen Arten des Feedbackgebens vertraut, aber ich zeige euch hier einfach mal meine Vorgehensweise.“ An der Reaktion erkenne ich, ob Feedback-Geben ein Thema ist: Wissendes Nicken auf den Bildkacheln oder interessierte, vor Neugier geweitete Augen mit einem kleinen imaginären Fragezeichen über dem Kopf.

Hier nochmal die Feedbackregeln, wie sie für mich am besten funktionieren:

Gib niemals ungefragt Feedback. Niemals.

Frage, wie er/sie es selbst findet oder fand und was er oder sie verbessern würde

Sage, was du gut fandst.

Sage aus deiner Perspektive, was dir persönlich nicht so gut gefallen hat.

Sage, was dir persönlich stattdessen besser gefallen hätte.

Ende mit etwas Positivem.

2. Am Grad der Wertschätzung und Ehrlichkeit beim Feedback-Geben lässt sich gut die Stimmung messen

Wird das gegenseitige Feedback-Geben benutzt, um unterschwellige Kämpfe auszufechten? Online fühlen sich die Menschen doch irgendwie sicherer, als wenn sie sich im echten Leben gegenübersitzen. Aus dem eigenen Kokon heraus an seinem Schreibtisch, getrennt durch die schützende Monitorscheibe, lässt es sich viel weiter aus dem Fenster lehnen, als wenn man sich dem anderen im analogen Gespräch gegenübersitzt.

3. Wenn Angst zu spüren ist, knirscht es gewaltig im Getriebe

Eine nicht geübte und nicht gelebte Feedbackkultur kann üble Folgen haben. Je länger die Anwärmphase der Teilnehmer ist, desto deutlicher weist es darauf hin, dass sie es nicht gewohnt sind, Feedback zu geben oder zu nehmen. Nach einer Weile und nachdem ich einige Male professionell und sehr wertschätzend, aber ehrlich konstruktives Feedback gegeben habe, tauen alle auf und beginnen beflügelt, sich selbst im FeedbackGeben auszuprobieren. Wenn selbst dann von der Mehrzahl der Teilnehmer lediglich ein verschüchtertes Feedback „Ich fand’s gut“, kommt, weckt das in mir das Gefühl, dass mit der Kommunikation innerhalb des Unternehmens allgemein etwas nicht stimmt.

Online Feedbackkultur und wertschätzende Kommunikation entsteht,

  • wenn sich die Gesprächspartner nicht unterbrechen, weil ins Wort fallen im Online Gespräch aggressiver wirkt als facetoface.
  • wenn sich die Gesprächspartner beim Einschalten der Kamera ein Lächeln schenken, anstatt eine gerunzelte Stirn, verkniffene Augen und ein verwirrter Blick auf den Monitor. „Hörst du mich?“, weil der erste Eindruck das Gefühl des weiteren Gesprächs bestimmt.
  • wenn deutliches emotionales Feedback gezeigt wird durch dosiertes Nicken, zustimmendes Lächeln und empathisches Mitgehen mit dem Gehörten, weil klare körpersprachliche Signale helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
  • wenn die Körperhaltung aufrecht ist und nicht im Bürostuhl zurückgelümmelt, weil sonst möglicherweise ungewollt Desinteresse signalisiert wird.
  • wenn der Blick möglichst nah an der Linse ist, so dass der andere das Gefühl hat angesehen zu werden, weil der Blick ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen ist.

Der wahre Held in einer funktionierenden Feedback-Kultur ist übrigens der Feedback-Nehmer, der das Feedback ohne „Ja, aber…“, „Das liegt nur daran, dass…“ und auch ohne „Das weiß ich selber“ annimmt. Sondern einfach nur ein nettes:

Danke.

Und jetzt hätte ich gerne Feedback von Ihnen: Wie fanden Sie den Artikel?

Herzlichst

Ihre Yvonne de Bark

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